Zwischen dem ersten Berufswunsch und der tatsächlichen Berufswahl nach dem Schulabschluss liegen bei vielen Jugendlichen große Unterschiede. Während Kinder im Kindergartenalter noch sehr mutig herausposaunen, dass sie Astronaut*in werden möchten, davon träumen zur Polizei oder Feuerwehr zu gehen oder gar Arzt oder Ärztin werden möchten, verschwinden diese Träume, wenn sie älter werden. Erstaunlich ist auch, dass im Rahmen der Appinio GmbH durchgeführten Studie, die Kinder sehr stark in Rollenklischees denken und wie wenig sich die Berufswünsche der Kinder über Generationen hinweg verändert haben. Wahrscheinlich ist aber, dass das soziale Umfeld der jungen Menschen einen Einfluss auf die Berufswahl hat. So könnte es sein, dass Eltern von Berufen abraten, in denen man „zu wenig“ Geld verdient oder die keinen „hohen sozialen Status“ haben – aber auch von Berufen, die vermeintlich unerreichbar sind.
Schulabschluss und die Berufswahl
In den letzten zwei Jahren vor dem Schulabschluss geht es auch in der Schule um die Berufswahl. Berufsorientierungstage und Berufspraktika sollen den Schüler*innen helfen einen Berufsweg einzuschlagen. Die Schule ist der zentrale Ort für die frühe Berufsorientierung junger Menschen. Zusammen mit den Eltern unterstützt sie die Jugendlichen in dieser sensiblen Lebensphase dabei, ihren beruflichen Orientierungsprozess aufzunehmen. Programme der Bundesagentur für Arbeit unterstützen die Lehrer*innen dabei, die Berufsorientierung im Unterricht zu gestalten. In den Berufsinformationszentren gibt es Fragebögen und Selbsttests, um Berufsempfehlungen zu erhalten. Viele Schüler*innen sind jedoch auch nach Berufsorientierungskonzepten immer noch ratlos welchen Weg sie einschlagen sollen. Die Zeit für Berufsorientierungstage an den Schulen ist knapp bemessen und oft kennen viele junge Menschen weder ihre Stärken noch ihre Berufswünsche. Es stellt sich daher die Frage, ob nicht mehr Zeit dafür aufgebracht werden sollte oder gar andere längerfristige Konzepte sich als sinnvoll erweisen.
Berufsorientierung durch Vernetzung von Schulen und Unternehmen
Im Podcast sprachen wir mit Bettina Sarnes von der BildungsWIRkstatt darüber, wie Jugendliche ihre Stärken und Fähigkeiten erkennen können und wie Schule daran wirken kann. Bettina ist Mutter von 4 Kindern, Lehrerin, Dozentin und Fortbildnerin in Schule, Kita, Unternehmen und Hochschule. Die BildungsWIRkstatt ist ein Raum, in dem wirksames und gelingendes Lernen in Schule neu gedacht und gestaltet wird.
Mit einem multiprofessionellen Team aus Pädagogen, Soziologen, Designern und Kulturentwicklern entwickelt begleitet sie Schulentwicklungsprozesse und entwickelt innovative Schulkonzepte. In vielen Schulen hat bereits NewSchoolWorkS Anklang gefunden. NewSchoolWorkS schafft eine gemeinsame Lern- und Entwicklungsumgebung zwischen Schulen und Unternehmen, um individuelle Stärken zu entwickeln und selbstbestimmte Wege zu ermöglichen.
Um das wahre Potential der Schüler*innen zu entdecken, ist es notwendig mehr Freiräume zuzulassen und Entfaltungsspielräume anzubieten, anstatt sich nur darauf zu fokussieren, Wissen in die Köpfe einzubringen. Im Grunde ist die Zeit während der ganzen Schulzeit vorhanden, die man nur nutzen müssen. „Wir müssen Schatzsucher werden, denn jeder wird mit einem Talent geboren.“, sagt Bettina. „Wir müssen es nur finden!“
Inspiration statt Instruktion
Thomas Sattelberger Mitglied des Deutschen Bundestages und Sprecher seiner FDP-Fraktion für Innovation, Bildung und Forschung übernahm Anfang Mai die Schirmherrschaft der teech Inspiration Days. Sein Plädoyer zur Veranstaltung: „Inspiration statt Instruktion – lasst euch nicht sagen was ihr machen solltet; lasst euch inspirieren was ihr machen könntet!“
Rund 350 Schulen nahmen mit insgesamt ca. 50.000 Schüler*innen und Lehrkräften an dem digitalen Live-Event teil. Gespannt verfolgten sie den inspirierenden Interviews und Vorträgen der Speaker wie Thomas Reiter (Astronaut), Michel Ballack (ehemaliger Profi-Fußballer), Max von der Groeben (Schauspieler), Joko Winterscheidt (Moderator und Entertainer) und vielen mehr.
Etwa 60 Speaker berichteten von ihren Werdegängen, Erfolgen und Rückschlägen und machten den jungen Menschen Mut zielstrebig, hart aber auch mit Freude an ihren Träumen zu arbeiten.
Hey Future – Hallo Zukunft!
Sam Cash ist erst 19 Jahre jung ist und erst letztes Jahr sein Abitur absolviert hat. Als Kind wollte er immer Lehrer werden. Wie viele andere hat sich Sam mit der gleichen Frage beschäftigt, wie es beruflich weitergehen soll. Das geplante Jahr im Ausland muss aufgrund der Corona-Situation warten.
Sam hatte schon immer Ideen, die er mit Menschen teilte und den Mut es nicht bei einer Idee zu belassen, sondern diese auch in die Tat umzusetzen und rutschte in da Unternehmertum: Da es ihn störte, dass man auf dem Basketball-Platz die Musik aus den Musikboxen nicht laut genug hört, suchte er nach einer Möglichkeit diese miteinander zu verbinden und entwickelte daraus eine Produktidee. Er bewarb sich mit seiner Idee an einem Startup-Wettbewerb und belegte dort sogar den zweiten Platz und suchte nach Investoren. Da Bluetooth aber selbst eine Funktion in ihr System aufnahm, die die Verbindung mehrerer Musikboxen ermöglichte, scheiterte Sam mit seiner Produktidee. Geblieben sind aber wertvolle Verbindungen zu Investoren, die ihm neue Türen öffneten.
Da Sam durch sein junges Alter sehr nah am Thema Berufsorientierung ist, entwickelte er zusammen mit einem Investor „Hey Future“ – eine Berufsberatungs-App, die Schüler*innen unterstützen soll, ihre Interessen zu benennen und resultierende Berufsvorschläge genauer unter die Lupe zu nehmen.
Dabei beantwortet der User in einem Swipe-Verfahren nach rechts oder links Fragen und bekommt Berufsvideos vorgeschlagen. Diese beschreiben nicht nur den Beruf, sondern erklären darüber hinaus, wie ein typischer Arbeitsalltag aussieht und welche Aufgabenbereiche es gibt. Beschrieben wird außerdem wie sich der Beruf in der Zukunft entwickelt oder welche Aufstiegschancen man hat oder wie man auch über Umwege seinen Berufswunsch erfüllen kann.
Sam nutzt die Chancen, die sich derzeit trotz Corona für ihn ergeben. Er ermutigt die Jugendlichen sich einfach auszuprobieren – auch auf die Gefahr hin mal in eine Sackgasse zu laufen: „Letzten Endes geht es nur darum, so viele Wege zu finden, die einem nicht gefallen, dass man nur noch den einen Weg vor sich hat, der einem gefällt und der perfekt zu einem passt.“